Zusammenstecken will gelernt sein

OpenAI hat seinen GPT Store veröffentlicht, eine Plattform, über die man angepasste ChatGPT-Clients erstellen kann – sogenannte GPTs. Unt er den 3 Millionen (!) GPTs, die zum Start verfügbar sind, finden sich Schreibassistenten, Gesundheitsberater und ein Chatbot, der unter den 3 Millionen GPTs den richtigen findet.

Ist der GPT Store der nächste große Coup von OpenAI? Einige sehen das so und vergleichen den Launch mit der Veröffentlichung des App-Stores oder dem Moment, als Facebook zur Plattform wurde (du erinnerst dich an Farmville?). Andere lässt der Store eher ratlos zurück. GPTs sind nur leicht modifizierte Varianten von ChatGTP, ohne grundlegend neue Funktionen – was soll daran so toll sein?

Ich werde mich hüten, eine Prognose abzugeben, zumal unklar ist, was OpenAI strategisch bezweckt. Vielleicht will das Unternehmen Entwickler langfristig an sich binden, vielleicht sind den Machern aber auch schlichtweg die Ideen ausgegangen. Der GTP Store wirkt jedenfalls so, als ginge OpenAI einfach die Rezeptbücher der großen Plattformen durch – ein „App Store“ steht da auf der ersten Seite.

In einem Punkt jedoch widerspreche ich. GPTs mögen vielleicht nicht grundlegend anders funktionieren als ChatGPT, doch trotzdem können aus ihnen völlig neue und sehr innovative Produkte entstehen. Die Einschätzung, dass GPTs langweilig sind, beruht auf zwei alten Missverständnissen.

Innovation braucht keine neue Technik

Wer in der Tech-Szene arbeitet, könnte den Eindruck gewinnen, dass jedes technische Problem schon ein Dutzendmal gelöst wurde. Und jeden Tag beweisen neue, erfolgreiche Apps, dass dies nicht stimmt.

Die Web-App „Stagetimer“, ein ferngesteuerter Countdown-Timer, geht zum Beispiel ein Problem an, das jeder Webentwickler binnen Minuten mittels frei verfügbare Software lösen könnte. Doch diese Fähigkeit fehlt den meisten Veranstaltern von Konferenzen und sie müssen sich deswegen mit unkomfortablen und beschränkten Lösungen herumschlagen. Mit dieser Zielgruppe verdient das Ehepaar hinter Stagetimer inzwischen 10.000 $ monatlich. Ständig melden sich bei ihnen Nutzer, die unendlich dankbar dafür sind, dass sie endlich mit einem angenehmen Interface arbeiten können.

Erfolgreiche Produkte lösen ein existierendes Problem auf die richtige Art und Weise. Ob die Technik dahinter neu ist, ist zweitrangig.

GTPs können ein Sprungbrett sein

Ein weiteres gängiges Missverständnis verwechselt Startpunkt und Endzustand.

Das Tool Perplexity AI ist vor einem Jahr angetreten, um eine ganz neue Art von Websuche zu etablieren. Schon jetzt hat es bei vielen Power-Usern die Google-Suche verdrängt, auch bei mir. Endgültig auf dem Radar der Tech-Szene ist Perplexity seit einer fetten Finanzierungsrunde zu Jahresbeginn, unter anderem durch Jeff Bezos.

Gestartet ist Perplexity ist als reiner „KI-Wrapper“1. Das ist die etwas despektierliche Bezeichnung für Lösungen, die KI-Modelle „einfach nur“ zusammenstecken – in dem Fall GPT-3.5 und den Bing-Suchindex. KI-Wrappern hängt der Ruf hinterher, nicht sonderlich innovativ zu sein.

Übersehen wird dabei, dass sie ein guter Startpunkt für eine ganze Reihe von Innovationen sind:

  1. Nutzererfahrung erweitern: Perplexity bietet kein klassisches Chat-Interface, sondern einen Mix aus Suchschlitz, Chat und Ergebnisliste. Das war seit Beginn eines der Hauptargumente für das Tool.
  2. KI-Modelle kombinieren: Perplexity nutzt inzwischen neben GPT auch andere KI-Modelle, beispielsweise Claude-2 für längere Texte.
  3. Mit eigener Technologie ergänzen: Perplexity arbeitet an eigenen Modellen, die Live-Informationen erhalten. Eine große Innovation im Vergleich zu herkömmlichen Large Language Models!

Diese großen Projekte ist Perplexity schlauerweise nicht gleich zu Anfang angegangen, sondern erst als klar war, dass viele Nutzer einen echten Bedarf an so einer Lösung haben.

Du kannst jetzt starten

Wenn du oder dein Unternehmen eine Idee für ein digitales Produkt habt, dann der einfachste, erste Schritt bis dato eine Web-App – und auch dafür können je nach Idee Wochen bis Monate draufgehen. Die neuen GPTs von OpenAI sind eine neue Möglichkeit, Produktideen zu validieren, mit wenig Aufwand und geschenkter Reichweite durch die gigantische Nutzerschaft von ChatGPT.

Die Möglichkeiten von GTPs sind beschränkt, vor allem, was die Nutzererfahrung angeht. Nicht für alles ist Chat die richtige Lösung. GPTs sind deswegen ein Startpunkt – und Beispiele wie das von Perplexity zeigen, wie man sich Stück für Stück davon wegbewegen kann.

Für welche deiner Ideen wirst du ein GTP bauen?


  1. Zumindest in der Form, die heute auf dem Markt ist. Ursprünglich gestartet ist Perplexity mit einer konventionellen Datenbanksuche, die sich vor allen Dingen an größere Unternehmen richtete. ↩︎