Alles ändert sich. Drei Tipps, wie du damit umgehst.

Die Welt dreht sich schneller – das ist eine Floskel, aber sie ist seit mehreren Jahren Realität. Da sind einerseits die einschneidenden Ereignisse, die frühere Generationen genau einmal zu Lebzeiten mitgemacht haben, wenn überhaupt. Eine globale Pandemie. Ein Krieg in Europa. Naturkatastrophen vor der eigenen Haustür.

Obendrein zaubert die Digitalszene jährlich einen neuen Trend aus dem Hut. In meinem Viertel hatten viele Einzelhändler gerade ihren ersten Online-Shop aufgesetzt, da kündigten sich erst das Web3, dann das Metaverse und schließlich Künstliche Intelligenz in all ihren Formen an.

Wie richtet man sich auf diese ständig wechselnde Normalität ein? Was tun, wenn aktuelle Trends das Geschäftsmodell infrage stellen, über das man seinen Lebensunterhalt verdient?

Hier kommen mein drei Tipps für die Zeit der großen Beschleunigung.

Nicht künstlich beschleunigen

Ja, die Dinge ändern sich, schneller als je zuvor. Aber dann doch nicht so schnell, wie uns Medien glauben lassen. Alle heutigen Säulen des Digitalen – vom World Wide Web und Open-Source-Software bis zu Big Data und KI – haben sich jeweils über Jahrzehnte angekündigt.

Trotzdem tauchen heute immer wieder Trends wie aus dem Nichts auf und sind plötzlich in aller Munde. Der Grund ist die sogenannte „Verfügbarkeitskaskade”. Sie beginnt fast immer mit einem einzelnen Ereignis, über das mehrere Medien berichten; über die Reaktionen darauf wird wieder berichtet und so geht es immer weiter. Verkürzt ausgedrückt: Wir sprechen über etwas, weil darüber gesprochen wird.

Ein Beispiel des letzten Jahres ist das Metaverse. Viele Unternehmen beschäftigten sich einzig und allein mit dem Metaverse, weil sie befürchteten, zu spät zur Party zu kommen – dabei gab es keinen Durchbruch und es ist bis jetzt noch nicht einmal klar, was das Metaverse eigentlich sein wird. Überlege dir dreimal, ob du dich (emotional) auf solch ein Thema einlässt.

Immer zu langsam konsumieren

Nutze die Medienlandschaft immer eine Stufe langsamer, als es angebracht scheint. Wenn alle Welt die Liveticker und Eilmeldungen verfolgt, dann reicht wahrscheinlich die Tageszeitung. Und um dich in ein Thema wirklich einzulesen, sind kompakte Sachbücher immer noch besser geeignet als eine Flut von Artikeln.

Langfristig planen

Es klingt paradox, aber in Zeiten der großen Beschleunigung solltest du langfristig planen. Niemals war es fahrlässiger, bei deiner Karriere auf aktuelle Hypes zu bauen. Denn Hypes haben immer einen Rückwärtsgang – gut zu sehen an Apps wie Clubhouse, die genauso schnell kamen wie sie wieder in der Bedeutungslosigkeit versanken. Hypes sagen viel über die Gegenwart aus, aber planen sollte man nicht mit ihnen. Erst recht nicht heutzutage.

Im Gegensatz dazu gibt es Makrotrends, die so offensichtlich sind, dass wir sie teilweise gar nicht mehr als solche wahrnehmen. Für die nächsten Jahrzehnte werden es vor allem zwei sein:

  • die Klimakrise
  • die zunehmende Automatisierung.

Beide Trends stehen gerade erst am Anfang und jedes Unternehmen wird von ihnen betroffen sein.

Wirklich jedes? Ja, da bin ich mir sicher. Nehmen wir eine der ältesten Branchen der Welt, das Backhandwerk. Schon jetzt gibt es Bäckereien, die sich von KI-gestützter Software die Bestellmenge des nächsten Tages voraussagen lassen. Das hilft ihnen dabei, Retouren zu minimieren. Und die Betriebe, die bereits seit Jahren auf eigene Photovoltaik- und Erdkühlanlagen setzen, sitzen in der aktuellen Energiekrise zumindest etwas fester im Sattel.

Der langfristige Erfolg eines Unternehmens wird davon abhängen, wie gut es mit intelligenten Maschinen zusammenarbeitet und die Herausforderungen der Klimakrise meistert. Egal, wie sehr sich die Welt dreht – es zahlt sich aus, in diese Trends zu investieren.

Mit Pionieren sprechen

Recherchiere, wie deine Branche bereits Künstliche Intelligenz nutzt. Oft werden in Artikeln dazu einzelne Unternehmen und Personen portraitiert, die gerade Pionierarbeit betreiben. Schreibe diese Person an und frage nach einem konkreten Tipp für deine eigenen, ersten Schritte. Menschen sind überraschend hilfsbereit, wenn man sie nur fragt.

Direkte Kundenbeziehungen pflegen

Das robusteste „Asset“, das man als Unternehmen, aber auch als Einzelperson aufbauen kann, sind direkte Kundenbeziehungen. Mehr denn je gilt, dass man seinen Erfolg nicht von einer bestimmten Plattform abhängig machen darf. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe.

Zum einen wird es immer schwieriger, Reichweite auf einer Plattform zu gewinnen und auch zu halten. Apps wie TikTok bestimmen vor allem über „Discovery-Algorithmen“, was ihre Nutzer zu sehen bekommen – die Follower-Zahlen eines Accounts sind deutlich unwichtiger als bei klassischen Social-Media-Apps. Instagram hatte im letzten Jahr ähnliche Mechanismen eingeführt, woraufhin Influencer wie Kim Kardashian auf die Barrikaden gingen. Nicht etwa aus Nostalgie, sondern weil sie den Zugang zu ihrer hart erarbeiteten Followerschaft gefährdet sahen.

Der zweite, noch wichtigere Grund: unsere sozialen Fähigkeiten und Beziehungen sind der größte Vorteil gegenüber Künstlicher Intelligenz. Heutige Routineaufgaben und auch das, was wir als „kreativ“ wahrnehmen, werden Maschinen immer besser übernehmen. Damit rücken die sozialen Komponenten unseres Berufs in den Vordergrund. Persönliche Gespräche, ausführliche Beratung und direkte Ansprechpartner sind also nicht etwa ein Ballast, sondern eine Investition in die Zukunft.

Direkten Kundenkanal schaffen

Etabliere in deinem Unternehmen einen Kanal zu euren Kunden, den euch niemand wegnehmen kann. Das naheliegendste ist ein Newsletter. Ihr habt nur 20 Kunden? Starte einen Newsletter für 20 Kunden, zu Beginn vielleicht als zweimonatliches Update. Nutze solche Maßnahmen vor allem, um mit den Kunden ins Gespräch zu kommen.

Neugierig bleiben

Nichts spricht dafür, dass die nächsten Jahre langsamer werden als die vergangen. Im Gegenteil. Heutige Ereignisse werden Folge-Ereignisse und Folge-Folge-Ereignisse nach sich ziehen. Trends werden in sich zusammenfallen und durch neue ersetzt werden, die wir heute nicht auf dem Schirm haben. Und genau wie in den letzten Jahren werden wir ständig neu definieren müssen, was „Normalität“ bedeutet.

Das ist manchmal anstrengend – aber es kann und sollte auch Spaß machen. Wer seine Freude am Neuen verliert, wird in diesen Zeiten nicht glücklich werden. Damit wir jedoch weiter neugierig bleiben, müssen wir sorgsam filtern und einsehen, dass wir nicht bei jedem Thema mitreden können. Nur dann können wir sehen, welcher Aspekt der „neuen Normalität“ für uns wirklich von Bedeutung ist.